Financial Times: Schwache Gebrauchte gefährden starken Markt: zurück zur Auswahl

Schwache Gebrauchte gefährden starken Markt

von Olaf Wittrock

Obwohl die Preise für Gebrauchtwagen weiter einbrechen, bleibt Autoleasing ein florierendes Geschäft. Die Anbieter wollen jetzt das Kalkulationsproblem lösen - mit neuen Vermarktungswegen.

Gebrauchte unterwegs zu neuen Vermarktungswegen
Acht Prozent Wachstum, fast 56 Prozent Marktanteil am gesamten Leasinggeschäft, 2,1 Mrd.Euro Umsatzplus allein im vergangenen Jahr: Die Autoleasingbranche macht Abschlüsse am laufenden Band. Trotzdem ist die Stimmung angespannt. Denn die Preise im Gebrauchtwagenmarkt sind eingebrochen. Und der Preisverfall hält an.

Für Michael Velte, den Vorsitzenden des Verbandes markenunabhängiger Fuhrparkmanagementgesellschaften (VMF), wird diese Entwicklung gravierende Konsequenzen haben. "Die Branche kann ihre vor drei, vier Jahren kalkulierten Restwerte beim Gebrauchtwagenverkauf nur noch sehr schwer oder gar nicht mehr realisieren", sagt Velte, in dessen Verband elf Gesellschaften zusammengeschlossen sind.

Die VMF-Mitglieder, die jedes Jahr etwa 150.000 Leasingrückläufer vermarkten, haben alarmierende Daten erhoben. In den vergangenen zwei Jahren sind die Restwerte, mithin die wichtigste Kalkulationsgrundlage für ihre Leasingraten, im Durchschnitt um sechs Prozentpunkte abgesackt, teilweise sind die Verluste sogar noch höher.

Was das für die Leasingfirmen heißt, verdeutlicht ein Beispiel: Für einen drei Jahre alten E-Klasse-Mercedes mit 70.000 Kilometern auf dem Tacho wurden 2003 im Geschäftskundenmarkt noch bis zu 56 Prozent des Neupreises erzielt. Heute sind es nach Händlerschätzungen gerade noch 48 Prozent: Zwischen den damaligen Annahmen und der heutigen Realität klaffen teilweise Lücken von 4000 Euro und mehr - pro Fahrzeug.

Falsch kalkuliert

"Diese Autos können Leasingfirmen nur noch mit Verlust verkaufen", sagt Georg Schumm, Leiter von LHS Autoland in Filderstadt bei Stuttgart, der Leasingrückläufer des gleichnamigen Flottenfinanziers vermarktet. Er sieht den Preisverfall mit Sorge - und die Autoindustrie in der Pflicht: "Es zeigt sich, dass die Restwerte, mit denen viele Autohersteller vor zwei oder drei Jahren kalkuliert haben, völlig unrealistisch sind", sagt Schumm. "Die Verluste müssen heute alle tragen. Die Werke genauso wie die Finanziers."

Der Einbruch ist auch ein Ergebnis des Erfolgs der Leasingbranche selbst: Denn je mehr Kunden leasen, desto weniger kaufen Gebrauchtwagen - und desto mehr davon kommen in den Handel. Im Handel mit Geschäftskunden, dem wichtigsten Absatzmarkt für die Gebrauchten, sind längst Sättigungstendenzen zu erkennen: "Der Markt für Leasingrückläufer ist in den vergangenen Jahren stark angestiegen", bestätigt Gebhard Ratz, Geschäftsführer der GMAC Bank, einer Tochter der Opel-Mutter General Motors. Er nennt einen weiteren Grund für sinkende Preise: "Auch die derzeit am Markt angebotenen Rabatte werden sich massiv auf die Restwerte mancher Modelle durchschlagen."

Der VMF appelliert deshalb an seine Mitglieder, sich wenigstens in der Finanzierung gegen das "Preisdumping" zu entscheiden und besser auskömmliche Leasingraten zu kalkulieren, was nichts anderes bedeutet, als die Preise zu erhöhen. Allerdings zweifeln Marktbeobachter, dass sich das durchsetzen lässt. "Der Kampf um günstige Konditionen hat sich sogar verstärkt", sagt LHS-Händler Schumm.

Quelle:
Financial Times Deutschland: http://www.ftd.de/