Presseartikel "Gebrauchtwagenpreise - Mehr Disziplin bitte" (Gebrauchtwagen-Praxis) : zurück zur Auswahl
Gebrauchtwagenpreise
Mehr Disziplin bitte!
Vor gar nicht langer Zeit war das GW-Geschäft noch ein florierender Markt. Doch die Rabattorgien, die aus dem Neuwagengeschäft bestens bekannt sind, beginnen auch im GW-Handel durchzuschlagen: Viele Hersteller bessern die Restwerte bei den GW immer wieder nach. Und bei den jungen Gebrauchten verderben die Verkaufsunterstützungen für Neuwagen ebenfalls die Restwerte. Immerhin, es gibt Hersteller und Händler, die die Preisspirale nach unten stoppen wollen. Hier sind drei Beispiele:
1. Beispiel Chrysler: Chrysler hat die Listenpreise gesenkt. Das hemmt zwar einerseits die Händler, großzügig Rabatte zu geben. Andererseits war damit eine Margensenkung verbunden. Und die hat zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Chrysler-Händlern und dem Händlerverband geführt. Dennoch: Unterm Strich ist das der richtige Weg, mittel- bis langfristig die Wertbeständigkeit der Gebrauchtwagen zu sichern. Langfristig sichert dieser Schritt auch wieder das Vertrauen der Käufer in die Marke!
2. Beispiel Opel: Der neue Opel Vertriebsvorstand hat angekündigt, diese unsäglichen Rabattangebote nicht länger mitmachen zu wollen. Auch das ist der richtige Weg, um die Marke langfristig zu stärken und die gebrauchten Opel wertbeständiger zu machen. Denn es kann doch nicht sein, dass ein Käufer stolz seinen Neuwagen abholt und nach wenigen Monaten feststellen muss, dass sein neues Auto nach dieser kurzen Zeit schon 30 % Wertverlust hat. Und das nur, weil der Hersteller eben noch mal zur Verkaufsunterstützung einen Rabatt auf Neuwagen gewährt hat. Aber letztlich ist nicht nur der Kunde der Dumme in diesem Rabattpoker, sondern auch der Autohandel. Die Händler sind die größten Halter von Gebrauchtwagen. Und sie müssen aufgrund der sinkenden GW-Preise immer wieder die Fahrzeugwerte berichtigen und verlieren Geld.
3. Beispiel Burkard Weller: Burkard Weller hat in einem bemerkenswerten Interview mit »kfz-betrieb« (Ausgabe 5/2006) festgestellt, dass in seinem Unternehmen das GW-Geschäft hauptverantwortlich dafür war, dass die Absatzziele im vergangenen Jahr teilweise sogar überschritten werden konnten. Weller legte auch beim Thema Rabattierung den Finger in die Wunde. Er hält es für sehr schwierig, sich in der Händlerschaft einfach darauf zu verständigen, dass man keine Rabatte mehr gewähren solle. „Einer schert immer aus“, weiß Weller - meistens sind das diejenigen, die mit dem Rücken zur Wand stehen und oft ihre Fahrzeuge unter Einkaufspreis abgeben. Sicher, das bringt schnell Liquidität. Auf Dauer ist dies aber keine Lösung. Denn wer so handelt, achtet nicht auf die Wirtschaftlichkeit, dem geht es nur noch um Umsatz. Diesen Betrieben fehlt ein vernünftiges mittel- bis langfristiges Controlling. Rabattdisziplin sollte das Schlagwort der Branche sein.
TIPP
Noch können die GW-Verkäufer ihren Kunden getrost empfehlen, einen Gebrauchtwagen zu kaufen, weil der einfach preisstabiler ist als ein Neuwagen oder ein junger Gebrauchter (bis ein Jahr). Schaut man sich die Wertverlustkurve (siehe Grafiken) anhand von 5 gut verkäuflichen Fahrzeugen an, sind die ersten 12 Monate - abhängig vom gewährten Rabatt - vernichtend. Aber nach dem 12ten Monat wendet sich das Blatt: Ab diesem Zeitpunkt - und erst recht ab dem 24. Monat - sind Gebrauchtwagen wertstabil.
Deswegen bieten viele Händler in ihren Showrooms ganz gezielt Gebrauchtwagen ab 24 Monaten an. Und sie schlagen damit auch gleich die berühmten zwei Fliegen mit einer Klappe: Durch den hohen Preisverfall in den ersten 12 bis 24 Monaten binden die Händler weniger Eigenkapital durch den günstigen Einkauf und sie haben gute Argumente gegenüber den Endkunden dank der Preisstabilität der Fahrzeuge.
Jürgen Heyne, Herausgeber von autoreale.de®
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